Podiumsdiskussion: Sicherheit und Soziales in München

Sicherheit und Soziales in München:

Brauchen wir noch mehr Aufrüstung bei den ordnungspolitischen Sicherheitsmaßnahmen oder fehlt es mehr an sozialpolitischen Instrumenten und Konzepten zur Reduzierung von Angsträumen bzw. bei der Arbeit an Orten mit objektiven oder subjektiven Gefährdungspotential?

Podiumsteilnehmer*innen:

  • Dorothee Schiwy Sozialreferentin der Landeshauptstadt München
  • Andreas Mickisch Kreisverwaltungsreferat, Leiter der Hauptabteilung 1 Sicherheit und Ordnung
  • Andrea Betz Innere Mission München, Abteilungsleiterin Hilfen für Flüchtlinge, Migration
  • Karin Majewski Geschäftsführerin des Paritätischen in Oberbayern

Moderation: Eva Bruns, Büro für soziale Stadtentwicklung

Wann: Mittwoch, 31. Januar 2018, 18,30 Uhr

Wo: Buchruckersaal der Inneren Mission Landshuter Allee 40

Zum Thema der Diskussion:

In den letzten Jahren hat sich in München viel verändert. Armut wächst, auch in unserer Stadt, in der es vielen gut oder einigen sogar immer besser geht. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich weiter. Dazu kommt der seit 2010 sprunghaft angestiegene Zuzug von Migrant*innen, die aus wirtschaftlich und sozial marginalisierten Regionen in und außerhalb Europas zu uns kommen, um hier besser und ungefährdeter zu leben und um ihre Existenz sichern zu können. Insgesamt wuchs die Stadt, durch Zuzug, aber auch durch die stärksten Geburtenzahlen der letzten Jahrzehnte seit 2010 um nahezu 200.000 Menschen.Dazu beherbergt die Stadt München derzeit, vor allem in Folge des starken Flüchtlingsaufkommens in 2015 und 2016, auch ca. 10.000 Flüchtlinge, von denen ein großer Teil mit der Anerkennung und damit mit Bleibe- und Bürgerrechten in unserer Stadt rechnen können.

Stadtleben heißt ohnehin, dass im öffentlichen Raum nicht vermeidbare, vorwiegend aber städtisch urban belebend wahrgenommene Begegnungen und andererseits auch Zumutungen stattfinden können. Solche Zumutungen und Konflikte auf Grund von Feiern auf öffentlichen Verkehrsflächen, Lärm in und rund um Kneipen und Freischankflächen, sonderbarer oder kulturell fremder Verhaltensformen, Gerüchen, Aggressionen seitens sich ausgegrenzt, sich angegriffen, benachteiligt oder bedroht fühlender oder auch psychisch auffälliger oder alkoholisierter Menschen sind schon immer Teil des täglichen Großstadtlebens gewesen. München war und ist eine tolerante weltoffene Stadt, in der das München-Motto „Leben und Leben lassen“ bis heute auch noch tatsächlich gelebt wird. Starkes Symbol dafür war unter anderem die überwältigende Hilfsbereitschaft der MünchnerInnen bei der Ankunft von Hunderten von Flüchtlingen aus Ungarn am Münchner Hauptbahnhof im September 2015.

München ist nach wie vor bei weitem die sicherste Großstadt Deutschlands. Dies geht aus den Polizeiberichten des Münchner Polizeipräsidiums zur Kriminalstatistik sowohl der letzten Jahre als auch in diesem Jahr hervor. Im öffentlichen Raum wurde zudem mit AKIM (Allparteiliches Konfliktanagement in München) ein hervorragendes Instrument aufgebaut, um bei Konflikten aktiv zwischen den Interessen und Belange aller Nutzergruppen auf Plätzen, Straßen und Grünanlagen zu vermitteln und zu beruhigen.

Der Terroralarm in der Silvesternacht zu 2016, Nachrichten über Anschläge in Nizza, Würzburg, Ansbach, Istanbul und Berlin und auch der tragische Amoklauf am Olympiaeinkaufszentrum, haben das subjektive Sicherheitsempfinden vieler Menschen auch in unserer Stadt stark verändert. Die Identifikation von sogenannten Angsträumen nimmt exorbitant zu – auch seitens vieler Beschäftigter in Behörden und in der Sozialen Arbeit. In einer Vorlage im Kreisverwaltungsausschuss am 27.06.2017 wurde sehr deutlich gemacht, dass die subjektiven Angsträume in vielen Fällen nicht mit objektiven Sicherheits-Brennpunkten (mit einer Häufung von Straftaten wie z.B. am Hauptbahnhof) übereinstimmt. Um das Sicherheitsbedürfnis in den Brennpunkten zu verbessern, hat der Münchner Stadtrat am 25.07.2017 beschlossen, einen Kommunalen Außendienst (KAD) mit ordnungsrechtlichen Befugnissen mit ca. 100 Stellen einzurichten.

Gibt es also eine Sicherheitshysterie, die nach immer mehr Überwachung durch Wachdienste, Sicherheitsservice, Videokameras, Zäune, Sicherheitsschleusen und Polizei verlangt? Werden damit Angstabbau, Konfliktlösungen im Miteinander, Toleranz, Verständnis, eine nachhaltige Vertrauenskultur oder aber noch mehr Ängste, Misstrauen, Distanzierung, Vorurteile, Ablehnung, Hass, hartes, meist nur kurzfristig unterdrückend wirksames Durchgreifen bei regelwidrigem, abweichendem oder fremdartigem Verhalten gestärkt? Werden (aufsuchende) soziale Beratungsarbeit oder Hausbesuche der Bezirkssozialarbeit zukünftig nur noch in Begleitung eines Wachdienstes möglich sein? Und wie sehr schränken solche Sicherheitsaufrüstungen auf Dauer die individuelle Freiheit und unser informationelles Selbstbestimmungsrecht ein?

Welche Instrumente schaffen im öffentlichen Raum, in Behörden, in Einrichtungen und in Beratungsstellen mehr objektive, aber auch subjektive Sicherheit? Wie verändert sich der öffentliche Raum durch die zunehmenden Sicherheitsmaßnahmen und wie verändert sich die Sicherheitskultur? In welcher Art von öffentlichem Raum wollen wir leben?

Diesen Fragen wollen wir auf unserer Podiumsveranstaltung am 31. Januar nachgehen.

Bitte beachten:

Um sicher einen Sitzplatz zu erhalten, melden Sie sich bitte formlos über Email an bernd.schreyer@gmx.de oder postalisch mit Namen und, soweit zutreffend, mit Nennung der angehörigen Organisation, Institution oder Dienststelle an.

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